Die Bibliothek von St. Florian besitzt an die 70 Signaturen mit mehrseitigen Fragmenten von mittelalterlichen Musikhandschriften. Ein kleinerer Teil befindet sich noch in den Hss., der größere wurde bei Restaurierungsarbeiten aus den Codices herausgelöst und in der Fragmentsammlung aufgestellt. Diese sind unter der Signatur des Trägercodex zu finden. Im Rahmen einer Lehrveranstaltung am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien wurde dieser Bestand zusammen mit einer Gruppe von Studierenden erschlossen. Die Fragmente sind fast ausschließlich mit linienloser Neumennotation ausgestattet. Wenn nicht gesondert angegeben, sind die ursprünglichen Hss. für St. Florian geschrieben oder zumindest in Gebrauch gewesen.


Zu den herausragenden Fundstücken gehören ein Fragment von Aribo"s De musica, über 30 Seiten eines Liber ordinarius, der vermutlich für St. Hippolyt (St. Pölten) bestimmt war, einige semiologisch interessante Neumenquellen des 11. Jhs. und Blätter von Chorbüchern des 15. und 16. Jhs.


Bei den Messhandschriften lassen sich drei Gruppen von Gradualien unterscheiden, die aus mehreren Signaturen bestehen, ursprünglich aber zu je einer identischen oder verwandten Vollhandschrift gehörten: Gruppe 1, Ende 12. Jh., 12 Seiten; Gruppe 2, 3. Viertel 12. Jh., 9 Seiten und Gruppe 3, Mitte 14. Jh., 29 Seiten mit vielen Sequenzen. Gruppe 3 besteht aus Fragmenten aus zwei zeitnahe entstandenen und eine ähnliche Text- und Notenschrift aufweisenden Gradualien. Zu der Gruppe gehören auch Sequenzen, die in St. Florian ihren Ursprung haben. Für den Hauspatron Florian ist das Al. Adesto votis ecclesiae Floriane und die Sq. Salve martyr gloriso enthalten.

Die ältesten Brevierfragmente (XI 132) sind in der 1. Hälfte des 12. Jhs. entstanden. Folgende ehemalige Brevierhandschriften lassen sich rekonstruieren: Gruppe 1, unbekannte Provenienz, 2. Hälfte 12. Jh., 8 Seiten, Gruppe 2, unbekannte Provenienz, 12. Jh., 12 Seiten und Gruppe 3, Mitte 13. Jh., 6 Seiten. Darüber hinaus sind einige Fragmente vorhanden, die keiner Gruppe zuweisbar sind. So lassen sich auch keine Gruppen von Antiphonarfragmenten zusammenfassen. Es sind 16 verschiedene Schreiberhände erkennbar, die auch auf ebenso viele Vollhandschriften schließen lassen. Der überwiegende Teil ist im 13. Jh. entstanden, drei Signaturen lassen sich dem 14., vier dem 12. und eine dem 11. Jh. zuweisen.


Eine Gesamtübersicht der Fragmente wird in der austriaca-Quellendatenbank zur Verfügung gestellt. Die Tabelle enthält Angaben zu den Festen und Feiern, die in den Fragmentgruppen enthalten sind. Die oben erwähnten herausragenden Fragmente werden von Robert Klugseder in seinem Aufsatz detaillierter besprochen. Abbildungen der Mensuralfragmente stehen hier zur Verfügung. In Falzstreifen zerschnittene Fragmente werden nachfolgend nicht berücksichtigt.