Katalog der Musicalia der Österreichischen Nationalbibliothek Wien (Cod. 1-15500) - Dr. Constantin Schneider, Wien 1928


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Vorbemerkung (Bericht von Constantin Schneider aus dem Jahr 1928)

Der vorliegende Katalog [ÖNB series nova 46902-46912] stellt das erste Stadium eines beschrei-benden Kataloges der gesamten Musicalia in der Handschriftensammlung der National-bibliothek dar. Er enthält nur ihre Feststellung, kurze Charakterisierung und alle Angaben, welche ihr rasches auffinden ermöglichen.
Die kritische Verarbeitung, Vergleiche, Hinweise auf Veröffentlichungen, Bearbeitungen, Spezial-literatur sollen später aufgenommen werden.
Der Begriff "Musicalia" ist im weitesten Sinne gefasst und das Material zur Erleichterung der Übersicht in 5 Materialkategorien eingeteilt, die mit den römischen Ziffern I - V bezeichnet werden (vgl. SCHNEIDER, Constantin: Zur Organisation der musikalischen Quellen- und Denkmäler-kunde, in: Zeitschrift für Musikwissenschaft 5 (1927). Außerdem sind noch mit Buchstaben versehene Unterteilungen enhalten. Die "Materialkategorie" ist bei jedem Handschriftentitel angegeben und gestattet ein rasches Auffinden jeder gewünschten Kategorie, die zudem noch durch die "Übersichtstabellen" erleichtert wird.

Als Kennziffern bzw. Buchstaben gelten die folgenden:

I   Notenschrift mit den Unterteilungen:
  a Akzent - u. Lektionszeichen
  b Neumennotationen (ohne Linien, auch Dasia- bzw. Buchstabennotationen)
  c frühe Liniennotation, gotische Notation und Quadratnotation (Liniennotationen)
  d Tabulaturen
  e Mensuralnotation
  f moderne Notation (mit Taktstrichen)

Mit Hilfe dieser Signaturen ist es auch möglich, jede Art von übergangsformen darzustellen.
Heißt z.B. Ic Choralnoten, Ie Mensuralnoten, so stellt die Signatur Ice eine Choralnotenschrift mit mensuralem Einschlag dar.

Ein in Klammern gesetztes "p" (polyphon) neben diesen Signaturen zeigt an, dass das Werk zwei- oder mehrstimmig ist.

Bei vokalen Werken aller Art ist zunächst der Text wiedergegeben, bei geschlossen, mit Noten versehenen Werken, Anfang und Ende derselben, bei nur teilweise mit Noten versehenen immer der zugehörige Text, eventuell dessen Anfang und Ende.
Außerdem ist eine Formel in Bruchform beigegeben, die im Zähler die Textzeilen-, im Nenner die Notenzeilenzahl enthält. Dies ist ein Hilfsmittel, um auf verschiedene Codices verteilte, aber zusammengehörige Fragmente zu identifizieren.

II vollständige, musiktheoretische Traktate
(II) Fragmente von diesen oder einzelne Kapitel in nicht rein musikalischen Werken, z.B. Philosophie, Rhetorik, Astronomie etc.) die sich auf Musik beziehen (Textbehandlung wie oben, Notenbeispiele detailliert wie ad I.)
III Ikonographisches Material, welches Darstellung von Musikinstrumenten, Musizierenden und Tanzenden enthält, außerdem Musikerporträts, Theaterdekorationen und -kostüme. Die Seitenzahl ist angegeben, ebenso die Lage bei größeren oder zusammengesetzten Darstellungen (links, rechts, unten, oben mitte etc.). Auch der Anlass der Musikaus- übung ist, soweit möglich, zum Ausdruck gebracht (z.B. Turniere, Tafelmusik).
  besondere Bezeichnungen sind noch:
IIIa Darstellung von Tanzenden mit näherer Charakterisierung des Tanzes (Spring, Schreit- oder Rundtanz)
IIIb Musikerporträts
IIId Theatralia
IV Texte ohne Noten, die komponiert oder wenigstens komponierbar sind. Liturgische Texte fallen hier weg. Dagegen sind aufgenommen:
- nicht liturgisch-kirchliche Texte (z.B. Osterspiele)
- Texte zu deutschen Kirchenliedern
- Texte zu weltlichen Liedern aller Art
- Texte zu musikdramatischen Werken aller Art (Festspiele, Opern, Oratorien usw.)
V Material zur Musikkultur und zur Stellung der Musik in der Geistesgeschichte, endlich Brief- und biographisches Material der Musiker, Musiktheoretiker, Textdichter etc.

Außerdem werden noch folgende besondere Signaturen, die neben die Codex-Signatur gestellt werden, verwendet:

A heißt Autograph
T bedeutet, dass sich der Inhalt an Musicalia bereits aus den Tabulae ergibt
S Salzburger Provenienz (nicht immer zutreffend!)

Da die Aufnahme in erster Linie von den Handschriften selbst ausgegangen ist und nicht von den Angaben der "Tabulae", sind nunmehr bedeutend mehr Musicalia festgestellt, als bisher bekannt waren. Die nicht mit "T" bezeichneten Handschriften enthalten demnach bisher nicht ermittelte Musicalia. Bei einer Benützung dieses Kataloges ist daher bei Veröffentlichungen ausdrücklich auf diesen hinzuweisen. Seine Erarbeitung, Anlage und Zusammenstellung ist hier zum ersten Mal bei einer der größten, bestehenden Handschriftensammlungen in konsequentester Weise und im Sinne des eingangs erwähnten Aufsatzes durchgeführt worden.


9.3.1928 - Dr. Constantin Schneider


Zusammenfassung:


Bei der Durchsicht aller Handschriften der öNB (cod. 1-15500) kam SCHNEIDER zu folgendem Ergebnis (Musicalia, aufgeteilt in die oben beschriebenen Hauptkategorien):

Kategorie Summe
I. 649
II. 90
III. 430
IV. 541
V. 265
zusammen 1975 Musicalia in 1619 verschiedenen Codices

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